„Das Schweigen der Männer“ von Dasa Szekely
Ich sitze gerade hier und überlege mir, ob die Autorin das Buch ernst meint. Ich sitze hier und überlege, wie ich, als Mann, eine Bewertung schreiben soll, ohne dass ich dadurch Reflexe auslöse wie: „Typisch Mann, alles andere als einen Abwehrreflex hätte ich jetzt auch nicht von ihm erwartet.“. Dabei möchte ich gar nicht abstreiten, dass mehr Kommunikation zwischen Mann und Frau zu mehr Geschlechtergerechtigkeit führen könnte. Ganz im Gegenteil, wenn wir eine Gleichberechtigung der Geschlechter erreichen wollen – und zwar nicht nur zwischen Mann und Frau, sondern auch zwischen all den anderen Menschen, die sich diesen Geschlechtern nicht zuordnen – dann ist Kommunikation das A und O, dann kommen wir da nicht drum herum und dann müssen Männer tatsächlich das Schweigen brechen. Doch im Buch „Das Schweigen der Männer“ wird von Dasa Szekely ein Gesellschaftsbild konstruiert, in dem der Mann an allem Schuld ist.
„Das Schweigen der Männer“ und die unnötigen Geschlechterrollen
Ich weiß nicht, ob Dasa Szekely eigentlich bewusst ist, dass sie in ihrem Buch gegen typische Geschlechterrollen argumentiert, um dann selbst wieder Schubladen zu entwickeln, in welche sie die Männer stecken will. Schubladen sind nichts anderes als Geschlechterrollen und die Bezeichnung „Zu wenig Eier“, „Zu viele Eier“ und natürlich „Genau die richtige Anzahl an Eiern“ sind genau solche Schubladen. Sie möchte, dass Männer sich nicht durch ihre alte Geschlechterrolle als „Versorger der Familie“ einengen lassen, aber sie engt die Männer schon wieder ein, indem sie solche neuen Schubladen aufmacht. Auf den Gedanken, dass Männer gerade versuchen eine individuelle Rolle zu finden, die Abseits von der als „Versorger der Familie“ ist, lässt sie gar nicht erst aufkommen, denn ihrer Meinung nach sind die Männer in genau dieser Rolle gefangen.
Genauso verallgemeinernd behauptet sie, dass Männer sich nur deswegen in ihre Arbeit stürzen, um Konflikten in der Familie zu drücken. Ja, es gibt diese Männer mit Sicherheit, aber es gibt eben doch sehr viel mehr Gründe. Wir leben in einer Zeit, in welcher die Reallöhne für viele Menschen gefallen sind. Um eine Familie ernähren zu können, müssen in vielen Familien Mann UND Frau sich in die Arbeit stürzen, Überstunden schieben, um die Klassenfahrt des Nachwuchses finanzieren zu können, oder den Nachhilfeunterricht, oder den Sportverein oder eben andere Dinge, die das Kind gerne machen würde. Ist das wirklich unreifes Verhalten vom Mann? Versucht er damit nicht viel eher Verantwortung zu übernehmen? Ich glaube, eine pauschale Aussage, so wie sie von Dasa Szekely getroffen wird, kann hier einfach nicht getroffen werden.
Natürlich hat sie recht, wenn sie aufzeigt, dass sich das Verhältnis zwischen den Geschlechtern in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Ich finde sogar das Bild vom Männer- und Frauenplaneten sehr passend, allerdings haben Frauen, wenn wir die frühe BRD einfach mal außer acht lassen, auch schon immer gearbeitet. In bäuerlichen Familien hat sowohl der Mann wie auch die Frau gearbeitet, damit der Hof funktioniert, genauso in den großen Fabriken. Diese Trennung in Männerplanet und Frauenplanet verlief vielmehr in den Rechten und Pflichten die Männer und Frauen in der Gesellschaft hatten. Und wenn sie dann meint, dass den Männern im Nachkriegsdeutschland die Väter gefehlt haben und wir dann schauen, wie die Trennung zwischen Mann und Frau vor den Kriegen war, dann stellt sich die Frage, welche Rollenbilder will Dasa Szekely eigentlich bewahren? Wie weit wäre die Frauenbewegung in der BRD wohl gekommen, wenn die Väter aus dem Vorkriegsdeutschland ihr Rollenbild an die Männer im Nachkriegsdeutschland vermittelt hätten?
Nachdem Dasa Szekely also in ihrem Buch klärt, was sie unter reifen Männern versteht und das es diese reifen Männer kaum gibt, gibt es weitere Vorurteile, aus welchen sie konstruiert, dass Männer an allem Schuld sind. Kostenexplosion im Gesundheitswesen? Männer sind Schuld, weil sie so ungern zum Arzt gehen. Kostenexplosion im Sozialwesen? Männer sind Schuld, weil sie sich unzureichend um ihre Kinder kümmern können – natürlich nur, weil sie total unreif sind und nicht etwa, weil sie in einem Job arbeiten, in dem nur niedrige Gehälter oder Löhne gezahlt werden. Trennungen? Männer sind Schuld! Zu wenige Kinder? Männer sind Schuld! Zu viele Single? Männer sind Schuld! Ich könnte diese Aufzählung noch weiter führen, aber es läuft am Ende darauf hinaus, dass an allem die unreifen Männer schuld sind. Unreife Frauen? Klar, gibt es auch ein paar, aber hauptsächlich sind die Männer unreif.
Mein Fazit
Ich könnte noch ewig erzählen, aber ich möchte ja, dass ihr das Buch selbst lest, wenn es euer Interesse weckt. Doch mein persönliches Urteil ist, dass das Buch nicht erreichen wird, was es erreichen will. Das Buch soll das Schweigen der Männer durchbrechen und es soll die Kommunikation zwischen Mann und Frau ankurbeln. Wieso sollten Männer aber mehr kommunizieren, nachdem sie erst einmal pauschal an allem Schuld sind? Warum sollten sie in einen Diskurs einsteigen, nachdem sie in Schubladen wie „Zu wenig Eier“ oder „Zu viele Eier“ gesteckt wurden? Es gibt gar keinen Anreiz dazu. Dabei wäre dieser Diskurs so wichtig, um die Geschlechtergerechtigkeit wirklich herstellen zu können. Deswegen bekommt das Buch von mir nur 1 von 5 Punkten – ich glaube, dass das die schlechteste Bewertung ist, die ich je einem Buch gegeben habe.
Dasa Szekely
Dasa Szekely ist zertifizierte systemische Beraterin und Transaktionsanalytikerin. Sie hat bereits zwei Bücher veröffentlicht und leitet Kurze für Kreatives Schreiben. Außerdem coacht sie – vor allem Männer – zu privaten und beruflichen Themen.